Folgendes Ereignis hat sich tatsächlich so an einem
Wintertag in Nordrhein-Westfalen abgespielt.
Ich war an einem Samstagvormittag mit meinem Fahrrad
unterwegs. An einem mittelgroßen Bahnhof wollte ich in einen Zug einsteigen,
welcher in wenigen Minuten einfahren sollte. Neben mir waren noch einige andere
Leute am Bahnsteig, darunter zwei auffällige Männer, die nacheinander zahlreiche
Passagiere ansprachen. Der eine von Ihnen hatte ein Fahrrad dabei, der andere
einen Einkaufswagen, welchen man in einem Baumarkt bekommt. Dieser
Einkaufswagen war umgebaut. Offenbar war ein Motor angebaut worden und außerdem
lag obendrauf ein Sitz, welcher früher einmal in einem Zug der Deutschen Bahn
gewesen sein muss (Vandalismus?).
Kurz, bevor mein Zug eintraf, kam es zu einer kurzen
Rangelei. Die beiden Männer hatten, etwa 30 Meter von mir entfernt, einen
anderen Passagier angesprochen. Es flogen kurz die Fäuste.
Während andere Leute Zivilcourage zeigten und dazwischen gingen,
hielt ich mich aus dem Konflikt raus. Zwar wäre es politisch korrekt gewesen, sein
Leben zu riskieren und den Kontrahenten, die größer, stärker, intelligenter,
besser bewaffnet und in der Überzahl waren, zu sagen, dass sie bitte damit
aufhören sollen (so wie es die Politiker und Medien in diesem Land ständig
predigen), aber ich dachte mir: „Wenn ich jetzt Zivilcourage zeige, werde ich
entweder selber verprügelt oder ich habe eine Anzeige wegen Körperverletzung am
Hals. Mein Leben ist mir zu wichtig.“ Was sollte ich tun? Ich dachte mir auch: „Wenn
diese Aktion keine Konsequenzen hat, dann werden die Täter das immer wieder
machen. Vielleicht wird demnächst sogar jemand umgebracht, weil die Leute
wissen, dass das Alles ja eh keine Konsequenzen nach sich trägt. Und vielleicht
bin ich das nächste Opfer. Denn eigentlich kann es mir ja scheißegal sein, wenn
jemand anderer Opfer eines Verbrechens wird. Werde ich selber Opfer, dann
jammere ich rum, dass kein Passant geholfen hat – sehe ich aber, wie ein
anderer Passant zum Opfer wird, dann schaue ich weg.“ Dann fiel mir die andere
politisch korrekte Eingriffs-Möglichkeit ein: Ich könnte ja drei Tage nach der
Tat - wenn alle Beteiligten und Täter
längst über alle Berge gewesen sein würden - zur Polizei gehen und dort Anzeige
erstatten. Wenn die Polizei die Sache ernst nähme, würde man Phantom-Bilder der
Täter anfertigen und dann könnte eine 100-Mann-Soko rund um die Uhr
ermitteln und Zeugen befragen, bis die Täter vielleicht nach vier bis sechs
Wochen ausfindig gemacht worden sein würden. Dann hätte ich als Zeuge auf die Verdächtigten
zeigen können und sagen können: „Ja, das waren sie! Ich erkenne sie wieder!“ Doch
leider kann ich mir Gesichter schlecht merken! Was wäre, wenn ich Unschuldige
beschuldigen würde? Und außerdem Wenn
das wirklich die Täter waren, hätten diese sich doch längst das „IchWarDenGanzenTagBeiMeinerMamaUndKannDasDaherGarNichtGewesenSein“-Alibi
zugelegt. Oder sollte ich die Täter mit meinem Smartphone heimlich filmen, wie
die meisten Bürger das tun? War das überhaupt nötig, da wir ja Videoüberwachung
haben? Wieso griff die Videoüberwachung am Bahnhof nicht ein? Eigentlich musste
diese Kamera die Täter doch bis zum Eintreffen der Polizei festhalten. Gibt es
in Deutschland überhaupt noch Polizisten? Diese sind doch gar nicht mehr
notwendig, da wir ja überall Videoüberwachung haben!
Blablabla!
Da kam mir DIE IDEE!
DAS SMARTPHONE! GENAU! DAMIT KANN MAN JA NICHT NUR GAFFEN,
SONDERN AUCH DIREKT DIE POLIZEI RUFEN!
Mein Gott, wie hatte ich nur plötzlich diese himmlische
Eingebung? Ist es überhaupt erlaubt, mit dem Smartphone direkt die Polizei zu
rufen? Ich glaubte, dass dies verboten sei. Denn: Wenn es erlaubt wäre, wieso
wurde dann immer und überall berichtet, wie Zeugen von Straftaten diese
Straftaten mit dem Smartphone filmten, aber nicht die Polizei riefen? Oder war
es doch erlaubt, und die Zeugen verfügten aber über Smartphones, mit denen man
zwar filmen/gaffen, aber nicht die Polizei rufen konnte? Man stelle sich nur
einmal vor, es wäre technisch möglich UND rechtlich erlaubt, mit dem Samrtphone
die Polizei zu rufen. Dann könnte man die Polizei direkt zum Tatort bestellen,
damit sie die Personalien der Täter aufnehmen konnte! Dann würde man sich die
sechs Wochen andauernde Fahndung der 100-Mann-Soko ersparen! Dies würde dem
Steuerzahler eine Menge Geld ersparen bzw. die Beamten der 100-Mann-Soko könnten
anderswo eingesetzt werden und dort für Sicherheit sorgen.
Lange Rede – Kurzer Sinn!
Ich riskierte es also
– auch wenn ich mich damit strafbar machte! Ich nahm mein Smartphone und wählte
die 0800-6888000 (Bundespolizei). Als jedoch die Schlägerei vorbei zu sein
schien, legte ich wieder auf, noch bevor der Anruf entgegengenommen werden
konnte.
Als dann wieder kurz die Fäuste flogen, wählte ich 110. Dort
erzählte ich, dass gerade eine Schlägerei an Gleis 5 stattfinde. Dann fuhr auch
schon der Zug ein, den ich nehmen musste. Die Situation war ein bisschen
unübersichtlich, aber ich konnte sehen, dass die beiden Männer in diesen Zug in
die hintere Hälfte einstiegen und dabei auch ihr Fahrrad und den umgebauten
Einkaufswagen mitnahmen. Ich stieg ebenfalls in die hintere Hälfte des Zuges
ein, allerdings soweit hinten, dass mein Fahrrad an einem anderen Ort Platz
nahm und die beiden Männer nicht hören konnten, was genau ich am Telefon
erzählte.
Ich sagte der Polizei, um welchen Zug es sich handelte. Dann
brach leider der Funkkontakt ab. Ich schaute bei den beiden folgenden Stationen
nach draußen, da vielleicht die Bundespolizei informiert war und am Bahnsteig
warten würde. Doch bei keinem Halt war irgendwo am Gleis war ein Polizist zu
sehen. Da ich bald aussteigen musste, rief ich erneut die 110 an und sagte dort
noch einmal, wohin der Zug fahren würde. Nun landete ich allerdings bei einer
anderen Notrufstelle und musste dort den ganzen Vorgang noch einmal schildern. Nachdem
ich das Gespräch beendet hatte, sah ich, dass die beiden Männer offenbar bei
der nächsten Station aussteigen wollten, was auf Grund des schweren Geräts,
welches sie dabei hatten, zum Glück nicht allzu schnell von Statten gehen
konnte. Ich selber wolle eigentlich noch eine Station weiterfahren. Ich rief
daher erneut bei der 110 an. Ich wollte nun von der Polizei wissen, ob sie
einen Streifenwagen schicken würde, denn nur dann wäre ich bereit, auch hier
auszusteigen und die Täter weiter zu verfolgen. Eigentlich hätte ich noch eine
Station weiterfahren müssen, weil ich dort einen Termin hatte. Man bestätigte
mir, dass nun ein Streifenwagen zum Bahnhof unterwegs sei.
Als die beiden Männer ausgestiegen waren, warteten sie erst
ein bisschen am Bahnhof. Ich stand wenige Meter von ihnen entfernt und
telefonierte die ganze Zeit mit der Polizei, ohne mir anmerken zu lassen, dass
ich gerade über diese beiden Männer sprach. Ich war fasziniert: Die beiden
Männer kamen nicht auf die Idee, dass ich gerade mit der Polizei telefonierte
und den Sachverhalt schilderte! Dies verdankte ich offenbar einzig und allein
meinem Gesichtsausdruck und meinen Armen, von denen keiner auf die beiden Männer
zeigte.
Erst nach einigen Minuten bewegten sich die beiden Männer
zum Ausgang hin. Ich hatte den Blickkontakt zwar zunächst verloren, aber die
beiden konnten so schnell nicht verschwinden, weil sie ja das Fahrzeug bei sich
hatten und dieses wohl bestimmt nicht allein zurücklassen wollten.
Außerhalb des Bahnhofs begaben sich die Beiden zu einer
Straßenkreuzung. Nun konnte ich zunächst beobachten, wie der eine der beiden
Männer den Polstersitz der Deutschen Bahn nahm und damit mehrmals gegen die
Speichen des Fahrrads schlug (es war wohl nicht sein eigenes Fahrrad). Und dann
sah ich, wie er versuchte, das Fahrrad auf das Häuschen einer Bushaltestelle zu
werfen, was ihm nach mehreren Versuchen auch gelang. Ich versuchte, den Vorgang
mit meinem Smartphone zu filmen, musste aber feststellen, dass diese Funktion
während eines Telefonats deaktiviert ist.
Den gesamten Vorgang schilderte ich in Echtzeit der
Notrufzentrale.
Ein auf der anderen Straßenseite vorbekommender Spaziergänger
beging nun wieder den Fehler, Zivilcourage zu zeigen (er hatte wohl unseren
Politikern zu lange zugehört bzw. zu viel ferngesehen). Er „unterhielt“ sich
kurz mit den Männern. Glücklicherweise ging keiner der beiden über die Straße,
sonst wäre es wohl zu Handgreiflichkeiten gekommen. Auf die Idee, die Polizei
zu rufen, kam der Spaziergänger offenbar nicht – genauso wenig wie andere Passanten,
die einfach wegschauten, als sie die Stelle passierten, wo die Männer gerade
dabei waren, das Fahrrad auf das Haltestellenhäuschen zu werfen.
Nachdem das Fahrrad auf der Bushaltestelle lag, gingen die
beiden Männer mit ihrem Einkaufswagen weiter und betraten einen Kiosk. Was sie
dort taten, bekam ich nicht mir. Als sie das Kiosk verließen, kam endlich der
Streifenwagen. Es waren 19 Minuten vergangen, seitdem ich den letzten Anruf bei
der Polizei getätigt hatte. Man hatte mir mitgeteilt, dass der Streifenwagen erst
aus der Nachbarstadt losfahren müsste. Ich fuhr nun auf meinem Fahrrad zu den
Tätern, gab bei der Polizei meine Personalien an und zeigte kurz auf das
Haltestellenhäuschen, wo das Fahrrad lag. Inzwischen kam auch schon ein zweiter
Streifenwagen. Ja, ich gebe es zu: Ich bin ein Feigling! Erst jetzt, wo die
Polizei da war und ich nichts mehr zu befürchten hatte, zeigte ich Gesicht
gegen die Täter! Ja, mutig wäre es gewesen, wenn ich es gemacht hätte, wie die
vielen Anti-Rechts/Links-Menschen, die nach einem hinterhältigen Angriff auf
einen Politiker der Partei AfD/Linke auf eine Demo gehen und dort mutig „Nazis
raus“ / „Merkel muss weg“ rufen, jedoch als Zeugen solcher Straftaten entweder
gar nicht eingreifen und die Täter unerkannt flüchten lassen und sich dann
nachher darüber aufregen, dass die Polizei die Täter nicht ausfindig machen
kann oder – falls sie irgendwelche Verdächtige (NICHT TÄTER SONDERN VERDÄCHTIGE)
ermittelt, diese vor Gericht freigesprochen werden, weil deren
Mama/Papa/Partner(in) bezeugen kann, dass sie gar nicht die Täter sein können,
weil sie sich nachweislich den ganzen Tag an einem bestimmten Ort, welcher 1000
Kilometer vom Tatort entfernt liegt, aufgehalten haben, oder die auf die
falsche Art und Weise eingreifen, in dem sie den Tätern zurufen: „Hören Sie auf
damit!“ und dann selber totgeprügelt werden.
Die Polizei entließ mich dann und ich konnte die letzten
zehn Kilometer zu meinem Zielort mit dem Fahrrad zurücklegen, wo ich gerade
noch rechtzeitig zum Start der anvisierten Veranstaltung eintraf.
Wo der Polstersitz herkam, ob das Fahrrad gestohlen oder
gefunden war und ob die beiden Männer schon polizeibekannt waren, erfuhr ich
leider nicht, da die Geschichte im örtlichen Polizeibericht nicht erwähnt wurde.
Aber eines war mir klar: ich weiß nun, wie man vorgehen kann, wenn man etwas
gegen Kriminelle unternehmen will, die größer, stärker, intelligenter, besser
bewaffnet und zahlreicher sind als man es selber ist. Sollte gegen mich eine
Anzeige eingehen, weil ich als Zeuge von Straftaten direkt die Polizei gerufen
habe und dies ja in Absurdistan nicht erlaubt ist, werde ich dies hier
unverzüglich mitteilen.
Man stelle sich einmal vor, jeder Bürger in diesem Land
würde sich als unbeteiligter Zeuge (NICHT ALS OPFER, SONDERN ALS ZEUGE!!!!!!)
so feige und hinterhältig verhalten, wie ich es an jenem Samstag getan habe.
Deshalb rufe ich dazu auf:
ZEIGEN SIE SOLIDARITÄT MIT DEN OPFERN VON KRIMINALITÄT!
SIE WISSEN JA JETZT, WAS MAN TUN KANN!